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.Daß die Sprengbomben nicht sehr weit entfernt fallen, stört sie nicht im geringsten, und den Luftschutzwart, einen gewissen Hoster, der immer wieder verlangt, daß die Lichter gelöscht werden und jedermann in den Keller kommt, fertigt sie mit einer Schlagfertigkeit ab, daß alle Zeugen für diesen Vorfall (Lotte, Marja van Doorn, der alte Hoyser) einstimmig, unabhängig voneinander aussagen, sie habe »regelrecht wie ein Gendarm« gewirkt.Ist doch eine Ärztin an ihr verlorengegangen? Jedenfalls »reinigt« sie »den Mutterschoß« (Frau Gruyten nach Hoyser sen.), kontrolliert den Austritt der Nachgeburt, trinkt Kaffee und Cognac mit Leni und Lotte; überraschenderweise hatte sich die vitale van Doorn als »diesem Vorgang nicht gewachsen erwiesen« (Lotte) und sich unter fadenscheinigen Vorwänden meistens in der Küche aufgehalten, wo sie die beiden Männer Gruyten und Hoyser mit Kaffee bewirtet und, indem sie permanent von »wir« spricht (»Wir machen das schon, wir schaffen das schon, wir lassen uns doch nicht unterkriegen, na, wir etc.« – mit ganz leise geäußerter Kritik an Frau Gruyten: »Hoffentlich halten ihre Nerven stand, mein Gott, wenn das nur nicht zuviel für sie ist.«), hält sie sich vom Ort des Geschehens, Lottes Schlafzimmer, fern und tritt erst auf den Plan, als das Schlimmste vorüber ist.Als Frau Gruyten um sich blickt, als traue sie selbst ihrer Fähigkeit zuzupacken nicht, kommt sie mit dem kleinen Werner ins Schlafzimmer und flüstert ihm vor: »Nun schauen wir uns aber mal unser Brüderchen an, was?« Als hätte das jemand bezweifelt, sagte der alte Gruyten zum alten Hoyser: »Ich hab doch immer gewußt und gesagt, daß sie ne großartige Frau ist.«Gewisse Spannungen treten wenige Tage später auf, als Lotte nachdrücklich darauf besteht, Frau Gruyten zur Patin zu nehmen, sich aber weigert, den Jungen, den sie Kurt genannt haben möchte (»Das war Willis Wunsch, wenn es ein Junge wird – ein Mädchen hätte Helene heißen sollen«), taufen zu lassen.Sie wird ausfällig gegen die Kirchen, »besonders die da« (ein Ausdruck, der nie so ganz erklärt werden konnte; mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit ist anzunehmen, daß sie die römischkatholische Kirche gemeint hat, andere Kirchen kannte sie nicht näher.Der Verf.).Frau Gruyten ist darüber nicht böse, nur »sehr, sehr traurig«, nimmt die Patenschaft an und legt großen Wert darauf, dem Jungen etwas Ordentliches, Handgreifliches und Dauerhaftes in die Wiege zu legen.Sie schenkt ihm ein noch unbebautes Grundstück am Stadtrand, das sie beim Tod ihrer Eltern geerbt hat; sie macht das alles korrekt, mit Notar, und der alte Gruyten verspricht etwas, das er gewiß gehalten hätte, aber nicht wird halten können: »Und ich, ich bau ihm ein Haus drauf.«Die Periode tiefster Schwermut scheint vorüber zu sein.Des alten Gruyten bisher passiv-apathische Schwermut wird aktiv: »mit Triumph, ja, fast mit Schadenfreude« (Hoyser sen.) nimmt er die Tatsache zur Kenntnis, daß am frühen Morgen des 16.Februar 1941 sein Bürohaus von zwei Sprengbomben getroffen wird.Da keine Brandbomben gefallen sind, auch durch die Sprengkraft kein Feuer entstand, bleibt die Hoffnung, »daß der ganze Krempel verbrannt ist«, unerfüllt: nach einwöchigen Aufräumungsarbeiten, an denen Leni nicht sonderlich begeistert teilnimmt, stellt sich heraus, daß kaum ein Aktenstück verlorengegangen ist, und nach weiteren vier Wochen ist das Bürohaus wieder instand gesetzt.Gruyten betritt es nie wieder, er wird zur Überraschung seiner gesamten Umgebung etwas, was er bis dahin, »auch in seiner Jugend eigentlich nie gewesen ist – er wird gesellig« (Lotte Hoyser).Lotte Hoyser dazu: »Er wurde richtig nett, etwas ganz Überraschendes.Jeden Tag bestand er drauf, daß zwischen vier und fünf alle miteinander Kaffee tranken, in der Wohnung, und Leni mußte dabeisein, meine Schwiegermutter, die Kinder, alle.Nach fünf blieb er mit meinem Vater allein und ließ sich in alle Details des ›Ladens‹ einweihen, Kontostand, Kontenbewegung, Vorhaben, Bauplätze – eine Vermögensübersicht ließ er sich machen und verbrachte viele Stunden bei Anwälten, auch beamteten Juristen, um sich darüber zu informieren, wie er die Firma – die ganz auf ihn allein stand – in eine Gesellschaft umwandeln könne.Es wurde eine ›Veteranenliste‹ aufgestellt.Er war schlau genug zu wissen, daß er mit zweiundvierzig – und dazu vollkommen gesund – noch wehrpflichtig war, und wollte für sich einen Posten als Berater im Direktorenrang gesichert haben
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