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.»Hast du Mut?« fragte er.»Ja, warum?«»Dann spring ins Wasser.«»Wo?«»In Zimmer sechsundzwanzig«, entgegnete er barsch.»Wir heiraten nämlich.«»Und die Zeugen?«»Konsulatsbeamte.«»Und die Blumen?«»Im Hotel.«»Und die Ringe?«»In der Tasche«, antwortete er und holte seine umständliche Überraschung aus dem Etui.Obwohl er ein feierliches Gesicht schnitt, war die Eheschließung eher eine Prozedur als eine Zeremonie: Fragebogen, Ausweiskontrolle, Erstaunen, Kopfschütteln, Rückfragen, Unruhe, Unglaube, Frage, Antwort: Zweimal »Yes« statt »Ja«.Unterschrift, Stempel, Glückwunsch, Verwunderung.Sie fuhren in das Hotel zurück, Susanne zog sich um, schlüpfte aus dem strengen Kostüm.Felix gab ein Telegramm an Martin auf, grübelte vor dem Formular und schrieb: »Es ist sehr schwer, als amerikanischer Offizier eine deutsche Braut auf der Botschaft der Vereinigten Staaten in der französischen Hauptstadt zu heiraten!«Die junge Frau war fertig, trug Frische und bunte Seide; sie betrachtete den Text: »Viel zu lang«, protestierte sie, »viel zu teuer!« Sie nahm Felix energisch den Stift aus der Hand und schrieb:»Just married.«»Aber das schreiben doch alle«, murrte er.»Es heiraten ja auch alle.«»Nicht alle«, widersprach er.»Dumm, was du sagst«, erwiderte Susanne, »wer nicht heiratet, braucht doch gar nicht …«Seitdem hatte sich eine junge Frau, die wie ein Mädchen aussah, wie ein Kind benommen, das alles auf einmal haben wollte: den Louvre und Notre-Dame, die Hallen und den Eiffelturm, die Kirchen und die Lasterhöhlen; Felix, Fremdenführer dieser Stadt und Cicerone ihres Lebens, versicherte ihr, daß sie über Paris noch mindestens eine Woche verfügen könne, aber sie blieb hartnäckig und erwiderte, daß sie nur einen einzigen Hochzeitstag habe, und so erlagen sie der Stadt, die sich ihnen ergab.Der Tag war lang und schön – der erste von vielen, die auf sie warteten.Kurz nach Mitternacht lagen sie nebeneinander im Eckzimmer des kleinen Hotels im Quartier Latin.Die Finsternis kroch, vom Licht verwundet, durch das Fenster, als suche sie Schutz; sich bergend, barg sie die beiden, die sich müde geliebt hatten.Susanne lächelte weich; es galt dem Gesicht des Mannes, das sich über sie beugte; die Nacht hatte den Faltenwurf der Melancholie aus ihm weggewischt – es sah jung aus, gesund und verträumt.Felix löste seine Hand behutsam von ihrem Körper, betrachtete Susanne, die seit heute Lessing hieß: Auf derselben Seite des Passes stand, daß sie einundzwanzig sei, ein ovales Gesicht, grüne Augen und keine besonderen Kennzeichen habe, und diese behördliche Feststellung hielt Felix für kurzsichtig und einfallslos.Er stand auf, trat an das Fenster, betrachtete die nachtdunkle Straße, in der seine Einheit vor vier Jahren den letzten Widerstand gebrochen hatte – und er roch nicht Pulvergas, sondern Lindenduft.Die Nacht war mild und still; es flossen keine Tränen und kein Rotwein; es fielen keine Blumen und keine Schüsse; die Gehsteige waren menschenleer.Die Patronin des Hotels, die damals mit den anderen Frauen Felix und seine Kameraden begeistert umarmt hatte, kannte ihn nicht mehr; aus dem wilden Maquisführer von vis-à-vis war ein biederer Bistrowirt geworden, kurzatmig und übergewichtig; wo sein Fahrzeug auf den Wogen der Begeisterung wie ein Schiff gestrandet war, liebkoste sich ein junges Pärchen; aus dem Keller nebenan, in dem zwei Verräter im Dunst der Todesangst auf einen Morgen ohne Gnade gewartet hatten, war ein Treffpunkt der Existenzialisten geworden, wo ein langhaariges Mädchen im geschlitzten Rock einen verruchten Song kreierte.Der Blumenkranz an der Gedenktafel eines erschossenen Studenten war verwelkt, aber der sanfte Wind der milden Nacht umspielte die Worte ICI FUT FUSILLÉ PAR LES ALLEMANDS wie ein zarter Trauerflor und wehte weiter zu der Stelle, an der zwei namenlose deutsche Soldaten mit langen Sätzen in den Tod gelaufen waren.Vor vier Jahren, dachte Felix und spürte, wie ihm die linde Nacht die Kapuze des Vergessens überzog, und auf einmal wußte er auch, daß er nicht nur nach Paris gekommen war, um Susanne etwas zu bieten, sondern um Abschied zu nehmen, ohne sich noch einmal umzudrehen: denn Morgen sollte nicht Gestern sein.Die Zeit schlug eine Schlacht, und das war Martins Metier: Dem Blutrausch des Krieges folgte das Goldfieber des Aufbaus, und so stürmte er im Heer der vielen, die bedenkenlos waren, gierig und verwegen vorwärts; sie wußten, daß die Verwundeten wieder nachhumpeln und die Toten wieder liegenbleiben würden.Die Not schrie nach Ware.Wer Güter fertigen wollte, mußte kompensieren.Die Improvisation war Pflicht, die Umgehung Norm, und so wurden aus den Kaufleuten Schieber, aus Schiebern Kaufleute und aus Spekulanten Pioniere.Die Handelsfirma Ritt tauschte auf dem Schwarzmarkt schnell verdiente Mark gegen rare Dollars und schaffte sie in die Schweiz, um neues Rohmaterial einzukaufen.Der Züricher Teilhaber erkannte die zupackende Tüchtigkeit seines Partners, lieh ihm eigenes Geld und ging ihm so ins Rohstoffgarn: Martin erfuhr bald, wie leicht es war, eine Million zu verdienen, so man bereits eine Million besaß.Die Zeit war rau, ihre Moral brutal, doch der Hunger schwand, und der Wohlstand wuchs.Es war ein Wohlstand, der aus schwarzem Material gewonnen werden mußte wie Diamanten aus Kohle.Martin kassierte Riesengewinne, versagte sich dabei aber alle Arabesken neuen Reichtums.Geld war für ihn kein Luxus, sondern eine Waffe; so blieb er ein Krieger, aber er stieg vom besoldeten Offizier zum selbstherrlichen Condottiere auf, der nach dem Motto lebte: Ehrlichkeit nach der ersten Million – oder in der zweiten Generation.Doch die Gründerzeiten des neuen Unternehmens bestanden nur aus ein paar wilden Monaten.Dann sah der neue Handlanger, Dr.Schiele, die Zeit gekommen, die Bücher korrekt zu führen, die Belege zu verbuchen, die Vorgänge zu belegen
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