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.»Entschuldigt! Aber ich hatte es so eilig.«Sofonisbas Mundwinkel zuckten amüsiert.»Du hast es immer eilig«, meinte sie mit gutmütigem Spott.»An deiner eigenen Beerdigung wirst du ins Grab springen, bevor der Priester das Amen gesprochen hat.Aber gut, dass du hier bist.Ich brauche roten Krapplack.Lass dir neue Kerzen geben und nimm den silbernen Brennlöffel.Und in den nächsten Tagen kannst du neue Pinsel binden.Ich werde morgen nicht in die Werkstatt kommen, da ich an der königlichen Jagd teilnehme.«Lien holte tief Luft und nahm ihren Mut zusammen.»Heute habe ich auch eine Bitte an Euch, Signora.Es wird Euch nicht viel Zeit kosten, nur einen Blick.«»Wie feierlich«, bemerkte die Malerin.»Hast du mir wieder eine neue Zeichnung mitgebracht, die ich mir ansehen soll?«»Keine Skizze diesmal, sondern Bilder auf kleinen Holzplatten.Zweimal dasselbe Motiv.Es sind Farbproben für ein größeres Porträt, das ich der Kirche schenken will.«Endlich hielt Sofonisba bei ihrer Arbeit inne.Bedächtig griff sie zu einem Lappen und wischte sich die Finger ab.»Farbproben? Du beherrschst zwar das Disegno– das Zeichnen– schon gut, aber für die Colore– die Farbgebung– bist du längst noch nicht weit genug.Du hast doch nicht etwa die teure Farbe verschwendet, die du als Geschenk erhalten hast?«»Seht sie Euch doch erst einmal an.Sie sind natürlich noch nicht trocken.Deshalb habe ich sie in der Kiste in den Rahmen gespannt.« Hastig nahm Lien einen flachen Metallspatel vom Tisch und stemmte die Klammern, die den Rahmen hielten, auf.Bartola blickte ihr über die Schulter, während Lien die beiden Porträts auf den Tisch legte.»Madonna!«, rief sie bewundernd aus.»Die sind ja richtig hübsch geworden! Das Rote gefällt mir besonders.«Sofonisbas Samtrock streifte raschelnd die Liege, als sie mit energischen Schritten den Raum durchquerte und zum Tisch trat.Die zweifache Ana– einmal im roten, einmal im blauen Gewand, sah sie an.Lien krampfte die Finger ineinander.Sag, dass es gut ist, flehte sie im Stillen.Sag, dass sie lebt!Sofonisba war abrupt stehen geblieben.Nun holte sie tief Luft und schluckte.»Das… das ist…«Sie sieht traurig aus, dachte Lien verwundert.Warum macht das Bild sie traurig?Beide Bilder waren nicht viel wert, denn natürlich hatte Lien nicht auf die chemischen Eigenschaften der Malmittel geachtet.Sie hatte Bleiweiß mit Spanischgrün gemischt, obwohl die beiden Todfeinde sind.Liens Art, die Farben zu verwenden, hatte etwas Erschreckendes, beinahe Rohes.Sie hatte sie als dicke, pastöse Striche nebeneinandergesetzt und ließ sie sich vermischen, ohne auf Schlieren zu achten.Der Effekt war erstaunlich: Ließ man das Ganze auf sich wirken, fügte das Bild sich zu einem Gesicht.Konzentrierte man sich auf Einzelheiten, waren es Flecken und Tupfen, Schatten und Farbnasen, die irgendwie ein Gesicht bildeten.Und die Augen Maria Fogliamis waren so unglaublich lebendig, dass ich schauderte.»Ist es gut?«, fragte Lien zaghaft.»Ich meine, hat es… Leben?«Sofonisba zwinkerte einige Male zu oft, während sie um Fassung rang.»Es ist noch lange kein Kunstwerk«, sagte sie nach einer Weile zögernd.»Schade um die Farben, die jetzt verdorben sind.Aber… wer auch immer die Frau auf dem Bild ist, sie… scheint tatsächlich zu leben.« Lien wagte aufzuatmen.Die Spannung der vergangenen Wochen fiel von ihr ab wie ein zu enges Korsett.Das ist das Zeichen, dachte sie unendlich erleichtert.Die Jungfrau Maria hält dich in ihren ?Armen, Ana.Du bist nicht verloren.Und noch ein anderer Gedanke ließ ihr Herz höher schlagen: Gut verschnürt in ihrem Bündel lag ein zusammengefalteter Brief.Mit etwas Glück würde Flavio Gonzaga ihn bald lesen.»Das blaue Gewand… ist besser«, sagte Sofonisba mit belegter Stimme, bevor sie sich brüsk abwandte und zu ihrer Staffelei zurückging.»Es… spiegelt die Farbe ihrer Augen wider.«In dieser Nacht fand ich keinen Schlaf.Lien hatte mir das Porträt mit dem blauen Mantel geschenkt, aber ich hatte es, obwohl es noch nicht trocken war, hinter einer Truhe im Schlafraum versteckt, um es nicht mehr ansehen zu müssen.»Sie malt bestimmt ihre tote Mutter«, vermutete Bartola.»Es ist ihre Art, ihr Lebewohl zu sagen.«Ich wollte es glauben, auch wenn die schwarzhaarige und blauäugige Frau keinerlei Ähnlichkeit mit Lien hatte.Sobald ich einige Momente für mich hatte, holte ich meine Skizzenmappe hervor.Liens erste unbeholfene Zeichnung lag darin– und daneben meine eigenen Versuche, das Dunkle in den Augen einzufangen.Ich, eine Meisterin, deren Werke sogar beim Papst in Rom begehrt waren, hatte erfolglos die Versuche und Übungsskizzen einer Schülerin kopiert!An diesem Tag zerriss ich die Blätter und warf die Papierstreifen ins Kaminfeuer.Die Selbstmörderin kehrte dennoch in meine Träume zurück.In der Nacht betrat ich wieder den Torrazzo.Und als ich ganz oben auf dem Turm angelangt war, drehte sich Maria zu mir um.Sie hatte Liens Gesicht– und ich sah meine Schülerin stürzen.Ich erwachte davon, dass Béatrice mich an den Schultern hielt und sanft rüttelte.»Du hast geträumt!«, flüsterte sie.Zitternd setzte ich mich im Bett auf und musste feststellen, dass ich mit meinem Schrei auch die anderen Damas aufgeweckt hatte, die mich nun schweigend musterten.Pünktlich zur Jagd hatte der Himmel aufgeklart.Es hatte aufgehört zu regnen; die Wolken waren einem kristallkalten Blau gewichen.Ich trug einen gefütterten Jagdmantel und fror dennoch im schneidenden Märzwind.Aber heute war die Kälte mir willkommen, ebenso wie die Gelegenheit, mit einigen anderen Hofdamen an der königlichen Jagd teilzunehmen.Wir ritten den Burgberg hinunter und ein Stück durch die Stadt– die Jäger vorneweg, die Damen in Begleitung einiger Kavaliere ganz zum Schluss.Streunende Hunde flohen vor dem Hufgetrappel.Überall kamen die Bewohner Toledos aus ihren Häusern und drängten sich am Straßenrand, um den König zu sehen.Ich sah gebeugte Rücken und riesige Kinderaugen, ich roch den Ruß von Feuerstellen und das Aroma von kastilischer Olla Podrida– einem köstlichen, nach Knoblauch und Pfeffer duftenden Eintopf aus vielerlei Fleisch, der auch bei Hof oft serviert wurde.Schließlich passierten wir eine der vielen Brücken der Stadt und ich schloss für wenige Momente die Augen und atmete nun den Geruch von nassen Blättern ein, von Gras und Rinde und Bachwasser.Wie froh war ich um die Gelegenheit, die stickigen Mauern des Alcázar hinter mir zu lassen!Auf der ersten freien Lichtung gaben die Jäger das Signal zum Galopp.In einer plötzlichen Anwandlung von wütender Sehnsucht nach Weite und Luft gab ich meinem Pferd– ein andalusischer Wallach mit gedrungenem Hals und langer, schwarzer Mähne– die Sporen.Das Tier stürmte so erschrocken los, dass die Zügel schmerzhaft in meinen Händen ruckten.Noch ein, zwei Galoppsprünge lang hielt ich das Pferd im Zaum, dann aber gab ich die Zügel einfach frei und ließ es laufen [ Pobierz całość w formacie PDF ]

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